Anläßlich einer Ausstellung im Lippischen Landesmuseum in Detmold (vom 20.03.98 bis 09.08.98) zum Thema ´Der Dreißigjährige Krieg´ habe ich Informationen aus einem Buch von Bettina Rinke1 entnommen und resümiert:


Lippe zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges am Beispiel der Hansestadt Lemgo


Bis zum Dreißigjährigen Krieg lebten die Bewohner Lippes in relativem Wohlstand. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts war die Getreideproduktion im Norden des Reiches gestiegen. Dies hatte allgemein zu verbesserten Lebensbedingungen geführt. Den Krieg spürte die lippische Bevölkerung erstmals 1621. Christian von Braunschweig durchquerte mit seinen Truppen die Grafschaft, und seine Soldaten plünderten manchen Haushalt. Von 1621 - 1650 war Lippe abwechselnd von protestantischen und katholischen Truppen besetzt. Zusätzlich mußte die Bevölkerung für die Finanzierung außerhalb der Grafschaft stehender Armeen Kriegssteuern (Kontributionen) zahlen.

Im reformierten Lippe hatten allein die Bewohner der Stadt Lemgo den lutherischen Glauben beibehalten und sich nicht zur Konfession ihres Landesherrn bekannt.


Die Stadt Lemgo, die um 1190 vom Edelherrn Bernhard II. zur Lippe gegründet worden war, galt lange als bedeutendste Stadt Lippes. Sie war die reichste, die am besten befestigste und die einzige Stadt der Grafschaft Lippe, deren Fernhandelskaufleute im Rahmen der Hanse bis nach Deventer, Reval und Stockholm Handel trieben. Lemgoer Kaufleute tauschten vorwiegend heimisches Garn und Leinen gegen westfälische Güter wie Salz, Leder, Fisch und Eisenwaren.

Der direkte Landhandel geriet zunehmend in Konflikt mit der Stadtwirtschaft Lemgos; Stadtregiment und Landesherren hatten unterschiedliche religiöse, wirtschaftliche und politische Interessen. Ebenso störte innerstädtische Konkurrenz in Wirtschaft und Politik die Entwicklung der Stadt gegenüber Elberfelder Garnhändlern. Die Zünfte und die Handwerksämter gewannen immer mehr an Bedeutung und die Handwerksarbeit wurde während des Krieges und besonders nach seinem Ende weiterhin teurer.

Der Niedergang der Hanse im 16. und 17. Jahrhundert entstand aus den unterschiedlichen ökonomischen und politischen Interessen zwischen den Seestädten und den Binnenstädten und deren Wandel.

Westfalen wurde in die Kampfhandlungen des Krieges erst mit dem Beginn der zwanziger Jahre direkt einbezogen, und zwar durch den Kriegszug des Herzogs Christian zu Braunschweig-Lüneburg. Er hatte Paderborn ausgeplündert, war mit 21,000 Mann zu Fuß und 1,000 Reitern nach Lippe eingerückt und bezog Quartier in Lemgo, das lediglich 600 Mann zur Verteidigung hatte und deshalb versuchte, sich mit übermächtigen Gegnern zu arrangieren.

Lemgo mußte bis 1624 zwei kaiserliche Kompanien aufnehmen; zudem litt es an den hohen Zahlungen für den Unterhalt der Truppen. Neben der Abwanderung von Soldaten und gehen die großen Bevölkerunsverluste von 35 Prozent auf dem Lande und bis zu 50 Prozent in den Städten auf die großen Pestwellen von 1625/26 und 1635 bis 1637 zurück, die die Söldner auslösten.

1632 erschienen weitere kaiserliche Truppen. Drei schwedische Kompanien waren von 1633 an in Lemgo eingelagert. Ihre täglichen Proviantanforderungen enthielten unter anderem 20,000 Pfund Brot und 30 Faß Bier. 1636 waren es kaiserliche Truppen in zehn Kompanien, die 1637 wieder abzogen und Lemgo in einem halben Jahr um etwa 30,000 Taler ärmer machten. Bis zur Eroberung durch die Schweden 1646 blieb die Stadt im Besitz kaiserlicher Truppen.

Am Ende des 18. Jahrhunderts hatte die Stadt Lemgo erheblich an Bedeutung verloren: Ökonomischer Wandel, konfessionelle Auseinandersetzungen, Konflikte mit dem Landesherren, Einlagerungen von Truppen, Kontributionen und Hexenprozesse betrafen die Stadt.

Das Leiden im Krieg

(1) Bettina Rinke; Lippe 1618-1648, Der lange Krieg - Der ersehnte Frieden; Detmold (1998)